Ein weit verbreitetes Lebermedikament weckt erste vorsichtige Begeisterung bei Forschenden, da es das Potenzial zeigt, das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit zu verlangsamen.
Was ist UDCA und wie wirkt es im Körper?
UDCA oder Ursodeoxycholsäure ist eine Gallensäure, die auf natürliche Weise in der Leber produziert wird. Sie hilft dabei, andere giftige Gallensäuren auszuscheiden und schützt so die Leberzellen. UDCA wird auch synthetisch hergestellt und zur Behandlung von Gallensteinen und Lebererkrankungen eingesetzt.
Im Jahr 2013 identifizierte ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Oliver Bandmann, Neurologe für Bewegungsstörungen an der Universität Sheffield (UK), UDCA als eine Substanz, die die Mitochondrienfunktion in Zellen von Parkinson-Patient:innen wiederherstellen könnte.
Warum die Mitochondrien-Funktion bei Parkinson eine Rolle spielt
Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ der Zellen und produzieren Energie. Ohne Energie sterben Zellen ab. Bei bestimmten genetischen Formen der Parkinson-Krankheit funktionieren Mitochondrien nicht richtig, was zu zellulärem Stress und neurodegenerativen Prozessen führt.
Dopaminerge Neuronen in der Substantia nigra pars compacta (SNc), dem von Parkinson betroffenen Hirnareal, haben eine besondere Struktur: Ihre großen, stark verzweigten Fortsätze (Axone) bilden neuronale Netzwerke und übertragen Informationen. Dieser Prozess – axonale Arborisierung genannt – erfordert sehr viel Energie und macht diese Neuronen besonders abhängig von funktionierenden Mitochondrien.


UDCA und Parkinson: Erste Hinweise aus dem Labor
Prof. Bandmann stellte fest, dass UDCA die Energieproduktion in Hautzellen von Parkinson-Patient:innen mit Mutationen in den Genen PARK2 und LRRK2 normalisierte. Andere Forschende entdeckten, dass UDCA entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften besitzt, die einen neuroprotektiven Effekt haben. Diese Wirkungen wurden in Studien an Fliegen– und Nagermodellen der Parkinson-Krankheit bestätigt, was Bandmann dazu veranlasste, UDCA beim Menschen zu testen.
Ergebnisse der klinischen Studie: Kann UDCA Parkinson-Symptome verbessern?
Die UP-Studie ist eine klinische Studie, die die Sicherheit, Verträglichkeit und das Potenzial von UDCA zur Verlangsamung der Parkinson-Symptome untersucht. In der ersten Phase der Studie (Phase 2) erhielten 30 Parkinson-Patient:innen im Alter von 50 bis 70 Jahren über ein Jahr hinweg hohe Dosen von UDCA (in Kapselform). Die Behandlung begann mit 250 mg (eine Kapsel) täglich und wurde schrittweise auf 30 mg/kg Körpergewicht (9–10 Kapseln täglich) erhöht, da UDCA erst ab dieser Konzentration das zentrale Nervensystem erreicht.
Während der gesamten Behandlungsdauer wurden motorische und nicht-motorische Symptome, Gangbild, Nebenwirkungen usw. bewertet (siehe Abbildung unten). Zusätzlich analysierten die Forschenden die Wirkung von UDCA auf die Gehirnchemie der Teilnehmenden mittels spezieller Magnetresonanztomografie (MRT).

Die wichtigsten Ergebnisse der UP-Studie:
- Verbessertes Gangbild: Teilnehmende, die UDCA erhielten, hatten eine bessere Gehgeschwindigkeit (+1,5 Schritte/Minute) im Vergleich zu unbehandelten Personen, deren Gang sich verschlechterte (-4,5 Schritte/Minute).
- Höhere Energie im Gehirn: Die Bildgebung zeigte eine verbesserte Energieproduktion in den Zellen, was auf eine gesteigerte Mitochondrienfunktion durch UDCA hinweist.
- Gute Verträglichkeit: Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit und Durchfall, die innerhalb von 72 Stunden abklangen. Blutuntersuchungen bei allen Visiten blieben unauffällig.
Wichtig zu erwähnen ist, dass Menschen über 75 Jahre nicht in die Studie eingeschlossen wurden. Zudem bestand die UDCA-Behandlungsgruppe zu 70 % aus Männern mit einer kurzen Krankheitsdauer (< 2 Jahre). Diese begrenzte Teilnehmerzahl unterstreicht die Notwendigkeit größerer Studien mit mehr Frauen und Patient:innen mit längerer Krankheitsgeschichte.
Wie schneidet UDCA im Vergleich zu anderen Parkinson-Therapien ab?
- Krankheitsmodifizierendes Potenzial: UDCA greift in krankhafte Mechanismen wie die Mitochondrien-Dysfunktion ein – im Gegensatz zu Dopamintherapien, die lediglich Symptome lindern.
- Geringe Nebenwirkungen und keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse.
- Langjährige Anwendung bei Lebererkrankungen belegt die Sicherheit für den Menschen.
Auch wenn es noch früh ist, macht UDCA Hoffnung auf eine Behandlung, die über die bloße Symptomlinderung hinausgeht. Seine Fähigkeit, die Mitochondrienfunktion zu verbessern und möglicherweise das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit zu verlangsamen, macht es zu einem vielversprechenden Kandidaten für zukünftige Therapien. Sollten größere klinische Studien diese Ergebnisse bestätigen, könnte UDCA eine sichere und zugängliche Option sein, um die Gehirngesundheit von Parkinson-Patient:innen zu schützen.
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