Vitamin B3, auch bekannt als Niacin, spielt eine entscheidende Rolle im Stoffwechsel unseres Körpers. Es wird aus der Nahrung gewonnen und in ein Molekül namens NAD+ (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid) umgewandelt, das für die Energieproduktion in den Zellen unerlässlich ist. Für Menschen mit Parkinson könnte Vitamin B3 eine besondere Bedeutung haben, da es Hinweise darauf gibt, dass es den Abbau von Gehirnzellen verlangsamen und somit den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.
Die Bedeutung von NAD+ im Gehirn
NAD+ ist ein zentrales Molekül in vielen biochemischen Prozessen, einschließlich der DNA-Reparatur und der Energieproduktion in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen. Im Laufe des Lebens nehmen die NAD+-Spiegel im Gehirn natürlicherweise ab, was mit dem Alterungsprozess und neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson verbunden ist. Besonders bei Krankheiten, die das Altern beschleunigen, wie Parkinson, wurde eine frühe Reduktion der NAD+ Spiegel beobachtet. Diese Abnahme von NAD+ kann zu einem schnelleren Abbau von Gehirnzellen führen, was sich negativ auf die motorischen und kognitiven Fähigkeiten der Betroffenen auswirkt.
Präklinische Studien zu Vitamin B3 bei Parkinson
Angesichts dieser Zusammenhänge stellten Wissenschaftler die Hypothese auf, dass eine Erhöhung des NAD+ Spiegels durch die Einnahme von Vitamin B3 den Verlauf von Parkinson positiv beeinflussen könnte. In einer präklinischen Studie untersuchten David C. Schöndorf und seine Kollegen von der Universität Tübingen die Wirkung von Nicotinamid-Ribosid (NR), einer Form von Vitamin B3, die eine ähnliche Funktion wie Niacin hat, aber eine andere molekulare Struktur aufweist. Ihre Forschungen an einem Fruchtfliegenmodell der Parkinson-Krankheit ergaben vielversprechende Ergebnisse: NR konnte den NAD+ Spiegel erhöhen und den Verlust von Gehirnzellen sowie motorische Abbauprozesse signifikant verhindern.
Ein Schritt in Richtung B3 Therapie
Nach den ermutigenden präklinischen Ergebnissen wurde die Sicherheit und Verträglichkeit von NR in einer Phase-1-Klinischen Studie am Haukeland University Hospital in Norwegen untersucht. An dieser Studie nahmen 30 Personen mit neu diagnostiziertem Parkinson teil, die über einen Monat hinweg entweder 1000 mg NR oder ein Placebo erhielten. Die Ergebnisse waren vielversprechend: Die Forscher konnten nachweisen, dass NR das Gehirn der Teilnehmer erreichte und bei 10 von 15 Personen, die NR eingenommen hatten, höhere NAD+ Spiegel im Gehirn festgestellt wurden. Diese Patienten zeigten zudem Verbesserungen in den motorischen und nicht-motorischen Symptomen, die mithilfe der Unified Parkinson’s Disease Rating Scale (MDS-UPDRS) bewertet wurden.
Eine nachfolgende Phase-1-Studie bestätigte die Sicherheit von NR in höheren Dosen. Die Teilnehmer nahmen über einen Monat hinweg 3000 mg NR täglich ein, ohne dass mittelschwere oder schwere Nebenwirkungen auftraten. Diese Ergebnisse legten den Grundstein für weitere Untersuchungen, um die optimale Dosierung und die langfristigen Effekte von NR bei Parkinson-Patienten zu bestimmen.
Phase-2- und Phase-3-Studien zu Vitamin B3 bei Parkinson
Derzeit laufen zwei weitere klinische Studien, die das Potenzial von Vitamin B3 bei der Behandlung von Parkinson weiter erforschen sollen. Eine Phase-2-Studie untersucht die optimale Dosierung von NR. Hierbei nehmen die Teilnehmer schrittweise steigende Dosen von 1000 bis 3000 mg ein, um herauszufinden, welche Menge am effektivsten und dennoch gut verträglich ist.
Parallel dazu wird in einer Phase-3-Studie untersucht, ob die tägliche Einnahme von 1000 mg NR über einen Zeitraum von einem Jahr den Krankheitsverlauf bei Patienten im Frühstadium von Parkinson verzögern kann. Diese Studie ist von großer Bedeutung, da sie nicht nur die langfristige Wirkung von NR auf den Krankheitsverlauf, sondern auch mögliche Langzeitnebenwirkungen bewerten wird.
Mechanismen der Wirkung von Vitamin B3 bei Parkinson
Der genaue Mechanismus, durch den Vitamin B3 bzw. NR bei Parkinson wirkt, ist noch nicht vollständig verstanden. Es wird jedoch angenommen, dass die Erhöhung des NAD+ Spiegel mehrere positive Effekte im Gehirn auslösen könnte. Dazu gehört die Förderung der DNA-Reparatur, die Reduzierung von Entzündungen sowie die Verbesserung der mitochondrialen Funktion, die bei Parkinson-Patienten oft beeinträchtigt ist. Diese Mechanismen könnten zusammen dazu beitragen, den Verlust von Gehirnzellen zu verlangsamen und die Symptome der Krankheit zu lindern.
Vitamin B3 in der Ernährung und als Nahrungsergänzung
Vitamin B3 kommt natürlich in Lebensmitteln wie rotem Fleisch, Fisch, braunem Reis und Hülsenfrüchten vor. Während eine ausgewogene Ernährung in der Regel ausreicht, um den täglichen Bedarf zu decken, könnte für Menschen mit Parkinson eine zusätzliche Einnahme von Vitamin B3 bzw. NR von Vorteil sein. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln immer in Absprache mit einem Arzt erfolgen sollte, insbesondere bei höheren Dosierungen, wie sie in den Studien verwendet wurden.
Fazit: Therapie-Potenziale von Vitamin B3 bei Parkinson
Die bisherigen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Vitamin B3, insbesondere in Form von Nicotinamid-Ribosid, eine vielversprechende Ergänzung in der Behandlung von Parkinson sein könnte. Durch die Erhöhung der NAD+-Spiegel im Gehirn könnten der Abbau von Gehirnzellen verlangsamt und die Symptome der Krankheit gelindert werden. Obwohl weitere Studien erforderlich sind, um die optimale Dosierung und die langfristigen Auswirkungen zu bestimmen, bieten die bisherigen Ergebnisse Hoffnung auf neue Ansätze in der Parkinson-Therapie.
Für Betroffene von Parkinson, die über eine Supplementierung mit Vitamin B3 nachdenken, ist es wichtig, dies in enger Absprache mit einem Facharzt zu tun. Die laufenden klinischen Studien werden in den kommenden Jahren weitere Erkenntnisse liefern, die hoffentlich dazu beitragen, den Krankheitsverlauf bei Parkinson positiv zu beeinflussen.
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Referenzen
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